Sonntag, 6. September 2009

FDP behindert Verfolgung von Kinderschändern

durch Personalabbau in Justiz und Polizei

Wer ist dafür verantwortlich, dass der Staat zu wenig Mittel hat, um effektiv gegen Kinderpornos vorzugehen? Nicht Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU), wie große Teile der Netzgemeinde und die Anhänger der „Piratenpartei“ behaupten, sondern vor allem die FDP.

Durch das Internet geistert seit Monaten eine Kampagne gegen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, genannt „Zensursula“. Die campagneros regen sich über die von der Ministerin betriebene Einführung technischer Netzsperren gegen Websites auf, die kinderpornographische Bilder verbreiten. Ihr permanent wiederholte Vorwurf lautet: Die „Zensur“ im Netz diene der Regierung als Alibi, um nicht wirklich gegen Kinderschänder und Kinderpornographen vorgehen zu müssen. Als „Beleg“ für diese These meldeten mehrere Medien am 3.9.2009, Oberstaatsanwalt Peter Vogt aus Sachsen-Anhalt, der erfolgreich gegen Kinderpornoringe ermittelte, habe aus Verzweiflung über den Personalmangel in der Polizei seinen Rücktritt eingereicht. (Qu.: Spiegel, heise.de)

Die Kritiker vergessen dabei, dass ihr Held Vogt die Netzsperren, die sie bekämpfen, energisch befürwortet, und dass ihre Hassfigur von der Leyen als Familienministerin mit dem Personalabbau in Polizei und Justiz wenig bis nichts zu tun hat. Wer aber hat damit zu tun?
Es sind vor allem die Unternehmerverbände und deren Lieblingspartei, die FDP, die schon seit vielen Jahren permanent den Personalabbau im öffentlichen Dienst fordern und betreiben. Dahinter steckt ihr Bemühen um massive Steuersenkungen vor allem für Unternehmer und Wohlhabende. Wer die Einnahmen des Staates verringern will, ohne die Staatsverschuldung zu vergrößern, muss die Ausgaben des Staates senken, und das heißt vor allem: den öffentlichen Dienst verkleinern, also Stellen abbauen. Um an dieser Stelle „glaubwürdig“ zu bleiben, schreibt die FDP schon seit 2005 jedes Jahr ein „Liberales Sparbuch“, in dem sie alle ihre Kürzungs- und Stellenabbaupläne zusammenfasst.

Das "Liberale Sparbuch" 2009 zum Thema Justiz

In ihrem „Liberalen Sparbuch 2009“ fordert die FDP-Bundestagsfraktion u. a. Kürzungen der Personalmittel des Bundesamtes für Justiz um rd. 1,3 Mio € (= 8 %), der Sachmittel um rd. 800.000 € (= 20 %) und der IT-Mittel um über 1,3 Mio €. (Qu.: FDP-Fraktion; PDF Justiz)

Das Bundesamt für Justiz ist unter anderem zuständig für internationale Rechtshilfe in Strafsachen, also zum Beispiel für Auslieferungsanträge gegen mutmaßliche Kinderschänder und Kinderporno-Verbreiter im Ausland. (Qu.: Bundesamt)

Außerdem hilft dieses Amt bei internationalen Sorgerechtskonflikten. (Qu.: Bundesamt)

Zu solchen kommt es zum Beispiel dann, wenn nach einer Scheidung Väter ihre bei der Mutter verbliebenen Kinder ins Ausland entführen. Da häufig die Gewalttätigkeit solcher Väter der Anlass für die Scheidung gewesen ist, muss den betroffenen Kindern möglichst schnell geholfen werden, ehe ihnen noch Schlimmeres geschieht. Die von der FDP betriebenen Kürzungen gefährden dieses Ziel und würden die betroffenen Kinder einer großen Gefahr aussetzen.
Übrigens leistet das Bundesamt für Justiz seit 2007 auch schnelle und unbürokratische Hilfe für die Opfer faschistischer und rassistischer Gewalttaten. Auch diese Leistungen des Staates gefährdet die FDP mit ihrem Kürzungsprogramm.

Diese Zusammenhänge waren der FDP, als sie ihr „Sparbuch“ verfasste, möglicherweise nicht bewusst. Was sie am Bundesamt für Justiz wahrscheinlich am meisten stört, ist, dass dieses ein Gewerbezentralregister führt (das z. B. sämtliche Gerichtsurteile gegen Unternehmer verzeichnet) und publizitätspflichtige Unternehmer mit Bußgeldern verfolgt, die ihre Jahresabschlüsse nicht rechtzeitig veröffentlichen. (Qu.: Bundesamt)

In diesem Fall wäre es das von der FDP bewusst verfolgte Ziel, potenzielle Bilanzfälscher und Konkursverschlepper vor staatlicher Verfolgung zu schützen. Es kann aber auch sein, dass es der Rechtsanwältepartei FDP ganz recht ist, wenn sich keine staatliche Stelle mehr um internationale Sorgerechtskonflikte kümmert. Denn dann bleibt dieses ganze Feld ausschließlich privaten Rechtsanwälten und Detektiven überlassen. Dass ärmere Mütter entführter Kinder, die sich keinen Rechtsanwalt und keinen Detektiv leisten können, dann völlig hilflos zurückbleiben, scheint die FDP in Kauf zu nehmen.

Außerdem fordert die FDP eine Kürzung der Personalmittel der Generalbundesanwältin um 1,2 Mio € (= 10 %), der Sachmittel um knapp 800.000 € (= 21 %). Die Generalbundesanwältin ist u. a. zuständig für die Verfolgung terroristischer Gewalttäter, die die innere Sicherheit Deutschlands gefährden, und für die Verfolgung von Völkermördern und Kriegsverbrechern. (Qu.: GBA1, GBA2)

Möglicherweise hat die seit 2006 im Amt befindliche Generalbundesanwältin Monika Harms den Hass der Steuerberaterpartei FDP vor allem deshalb auf sich gezogen, weil sie zuvor als Richterin am Bundesgerichtshof vor allem für die Bestrafung krimineller Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zuständig war. (Qu.: GBA)

Da sich die FDP auf Bundesebene in der Opposition befindet, konnte sie die meisten ihrer Sparforderungen bislang nicht durchsetzen. Aber die Stimmung für den permanenten Abbau staatlicher Leistungen, die sie zusammen mit vielen befreundeten Journalisten macht, beeinflusst auch die anderen Parteien, vor allem jene, die mit der FDP koalieren oder koalieren wollen: CDU, CSU und SPD.

Personalabbau in NRW

Auf Länderebene sitzt die FDP in vielen Regierungen, so z. B. in Nordrhein-Westfalen. Dort beschloss das CDU-FDP-Kabinett im August 2009, im Jahr 2010 in den Zivil- und Strafgerichten sowie den Staatsanwaltschaften des Landes insgesamt 229 Planstellen zu streichen, davon allein 34 Richter- und Staatsanwaltsstellen. Das sagte der SPD-Rechtsexperte Frank Sichau in einem Kommentar zum Kabinettsbeschluss und zum Entwurf des Landeshaushalts. (Qu.: SPD NRW)

Der Kriminalpolizei in NRW geht es möglicherweise sogar noch schlechter. Im September 2009 meldete der Bund Deutscher Kriminalbeamter bei seiner Jahrestagung in Berg. Gladbach, die Kripo des Oberbergischen Kreises habe genau einen Beamten zur Verfügung, der sich um sämtliche Fälle von Computerkriminalität kümmern müsse. Von Januar bis August habe er 800 neue Fälle auf den Schreibtisch bekommen. Das Durchschnittsalter liege in fast allen Bereichen der Kripo über 50 und der Krankenstand wegen massiver Überlastung teilweise bei 25 %. Zuständig ist Innenminister Ingo Wolf (FDP), der die Tagung mit einer Rede brüskierte, die von Überheblichkeit und Ignoranz troff. So sieht es aus, wenn der Staatsapparat in die Hände von Staatsfeinden fällt.

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