Seit etwa 200 Jahren kennen wir die konservative Klage über die Demokratie, die als Herrschaft der Mehrheit der Dummen über die Minderheit der Intelligenten unweigerlich das Ende jeder Kultur und den gnadenlosen Abstieg in die Barbarei herbeiführen wird. Doch ähnliche Klagen gab es bereits in der römischen Republik, als Patrizier vor einer Herrschaft der Plebejer warnten. Als das Römische Reich dann 400 Jahre später tatsächlich unterging, hatte das zwar viel mit „spätrömischer Dekadenz“ zu tun, doch die war nicht in der Unterschicht, bei den Sklaven, angesiedelt, sondern grassierte in der „aristokratischen“ Oberschicht; und sie war kein Effekt der Demokratie, sondern ein Effekt kaiserlicher Monarchie. Dennoch serviert uns Sarrazin in seinen langen Ausführungen über Dummheit und Intelligenz (in Kapitel 3, »Zeichen des Verfalls«, S. 90-100) wieder einmal die altkonservative Horrorgeschichte von der gar schrecklichen Herrschaft der Dummen, die uns deshalb droht, weil die Dummen häufiger vögeln und seltener verhüten als die Intelligenten. Schauen wir uns im einzelnen an, wie er das macht.